Mittwoch, 10. Oktober 2012

Chemotherapie

Da mehr und mehr Fragen aufkreuzen, wie denn die Chemotherapie ist, werd ich ein paar Worte verlieren. Vorweg gesagt, es gibt kein anderes Wort als besch... Weiters jeder, der schwache Nerven hat und nicht wissen möchte, wie es abläuft und wie es nachhher anfühlt, dem sei gesagt, dass er dieses Post nicht weiterlesen sollte.

Nummer drei hab ich nun fast zur Gänze hinter mir. Bis am Ende der Woche habe ich noch die Xeloda zu nehmen, welche mich auch ziemlich niederbügeln. Dann habe ich endlich eine Woche Generationsphase, wobei diese mit einem MRT, CT, Blutkontrolle und Befundbesprechung meiner letztwöchigen Hautstanze bevorsteht. Achja, kurzer Einschub: letzte Woche wurde mir eine Hautprobe eines roten Flecks, welcher direkt über den Tumor sitzt, entnommen. Best case: eingekapseltes Hämatom; worst case: Hautmetastase. Also wieder mal zittern....

Zurück zum Hauptthema - Chemotherapie. Wie läuft diese ab?

Erstcheck ist immer Freitags, wo meine Blutwerte kontrolliert werden. Die Blutabnahme lasse ich in einem Labor durchführen und fahre deswegen nicht ins AKH, da ich bereits versuche das AKH zu vermeiden. Die Werte werden in das AKH gefaxt und sollten am Montag in meiner Akte bereits aufliegen. Zwei Mal probiert, hat zwei Mal klarerweise nicht geklappt. Gott sei Dank, bin ich insofern ein mitdenkender Mensch und habe eine Kopie meiner Blutwerte vom Labor mit.

Montags: Aufstehen um 6.30, damit ich um kurz vor 7.30 mich vor der Leitstelle 6i anstellen darf. Es gilt prinzipiell das First Come, First Serve Prinzip. Wartezeit vor der Leitstelle, bis ich drankomme: rund 20 Minuten.

Nach der Anmeldung heißt es wieder warten. Mein Onkologe ist sowieso nie vor 9.00 im Haus. Zwischen 9.30 und 10.00 werde ich dann aufgerufen und es erfolgt die kurze Besprechung. Es wird nachgefragt, ob ich neue Medikamente zu mir genommen habe oder ob ich bei der letzten Chemo andere Probleme hatte. Dann kommt die Frage ob ich Rezepte für Medikamte bräuchte. Mitdenken heißt es ständig und überall. Ich lass mir dann eine Reihe von Rezepten schon bereits für die nächste Chemo verschreiben (dies habe ich nach der ersten Chemo natürlich nicht gewusst und hatte dann wieder ein bisserl ein Stress mir alle Medikamente rechtzeitig zu organisieren). Schlussendlich werden die Blutwerte vom Onkologen überprüft und er bestellt im Onlinesystem des AKH die Chemotherapie.

Mit einem Stapel von Rezepten, welches eines davon chefarztpflichtig ist (wäre ja sonst nicht lustig, wenn man nicht wieder zur Krankenkasse watscheln müsste...) werde ich dann auf 16j geschickt, wo ich die Chemotherapie erhalte. Erstaunlicherweise wissen die Krankenschwestern schon Bescheid, dass man kommt. Man bekommt ein Tagesbett zugewiesen - in einem Zimmer sind 3 Betten. Und pro Zimmer sind immer Manderl und Weiberl getrennt.

Auf dieser Station sind dann alle Krebspatienten wieder zusammengewürfelt. Jedes Mal liegt auch ein anderer Patient neben mir. Bislang bin ich leider immer die jüngste gewesen, aber es sind wirklich alle Altersschichten vertreten. Ein Mal eine Anfang Dreißige mit Darmkrebs, eine Mitte Vierzig mit Brustkrebs, eine in den Fünfzigern mit Lungenkrebs, eine zwischen 60-70 mit Bauchspeicheldrüsenkrebs....

Nachdem man ein Bett bekommen hat, heißt es wieder mal warten. Schließlich sind die Medikamente erst vor kurzen durch den Onkologen bestellt worden und dadurch muss man warten, bis diese zusammengemischt und vor Ort sind. Schließlich bekommt jeder andere eine andere Dosis.

Los gehts dann je nachdem zwischen 11.30 und 12.30. Erste Infusion ist das Avastin. Das ist die Antikörpertherapie, noch nicht die Chemo. Sinn des Avastin ist es den Tumor "auszuhungern". Das heißt, es werden die Blutgefäße, die zum Tumor führen zerstört. Denn dieser Mistkerl sendet ein Hormon aus, das dazu führt, dass der Tumor mit mehr Blut und Nährstoffen versorgt wird, als andere Organe. Daher kann sich ein Tumor auch so gut vermehren.

Nach dieser halbstündigen Infusion gehts weiter mit zwei Spritzen. Eine riesen Portion Cortison und eine riesen Portion Zofran (gegen Übelkeit). Mir wurde beim letzten Zyklus bereits die Chemo angehängt und der Arzt wollte schon damit loslegen, hätte ich nicht rechtzeitig "stopp" geschrien, denn er hat mir vergessen diese zwei Spritzen zu geben!!! So ein Wahnsinniger.

Auf jeden Fall wird eigentlich erst nach den Spritzen die erste Chemo - das Epirubicin - angehängt. Das ist so eine rote Flüßigkeit. Bis diese in den Venen ist, dauert bisserl mehr als eine Stunde. Da mir beim zweiten Zyklus auf diese so Übel wurde, wird jetzt mindestens eine halbe Stunde gewartet, bis die dritte Infusion, also die zweite Chemo - die Taxotere - angehängt werden. Die Taxotere sind die Schuldigen, warum mir die Haare am Kopf fehlen :-(

Nach rund vier bis fünf Stunden habe ich die gesamte Erneuerungskur intus und ich werde zwischen 16.00 und 17.00 nach Hause entlassen. Danach folgen dann vier Tage, in denen es für niemanden nachvollziehbar ist, wie es mir dann geht. Und hoffentlich wird es auch niemand nachvollziehen müssen. Die Übelkeit bekommt man einiger Maßen mit ganz vielen Antiübelkeitsmitteln in den Griff. Aber am Schlimmsten ist die Antriebslosigkeit. Anscheinend schaltet der Körper dann in einen Sicherheitsmodus. Ich will nichts sehen, nichts hören, nichts tun und machen. Fernseher läuft teilweise im Hintergrund, aber ich hab keine Ahnung was ich gesehen habe. Es erfordert einen Kraftakt die notwendigsten Bedürfnisse zu erfüllen. Es kommt einen vor, als hätte jemand einen Schalter umgelegt oder ein Stromkabel abgezogen - keine Lebensenergie.

Am fünften Tag kommt dann aber wieder die Lebensenergie und auch die Lebenslust wieder zurück, wie von Geisterhand.

Es ist wirklich eine sehr schräge Lebenserfahrung, die niemals hätte kennernlernen wollen. Aber so ist es nun mal. Es heißt einfach durch und nicht links und rechts schauen. Nicht zu viel darüber nachdenken, sondern einfach über sich ergehen lassen.

Jetzt hab ich es noch drei Mal vor mir, die Hälfte sei geschafft. Aber immer noch ein ausreichend großer Hürdenlauf für mich.

Update gibts bald. Vor allem nach nächster Woche in der ich hoffentlich nur gute Nachrichten bekomme!!! :-)