Samstag, 18. August 2012

eine Odyssee österreichischer Bürokratie

Die letzten zwei Tage war es mir nicht möglich etwas zu tippen, denn ich habe am Donnerstag einen Port-a-Cath gesetzt bekommen. Dies ist eine kleine Operation, wo ein portabler Venenzugang unter der Haut eingepflanzt wird. Diese Operation dauert rund 45 Minuten bei lokaler Anästhesie. Sinn dahinter ist, dass die Chemotherapie über diesen Venenzugang verabreicht wird und somit die Venen im Arm verschont bleiben.

Das AKH hatte keinen kurzfristigen Termin für eine Port-a-CathOperation frei (Sommerpause, wenige Ärzte im Dienst etc) und somit wurde ich in das Herz-Jesu-Spital ausgelagert. Die einzige Information, die ich von meinem Onkologen im AKH erhalten hatte, war dieses Post-It, dass ich um 8:30 im Herz-Jesu-Spital sein solle.




Nach einigen Spitalsbesuchen lernt man, dass es sinnvoll ist 30 Minuten vor dem besagten Termin zu erscheinen. Somit war ich bereits um 8.00 im Herz-Jesu-Spital und hab mich dort bei der Rezeption angemeldet. Dies ging erstaunlich flott - ich wurde in den fünften Stock (ambulante Chirugie geschickt). Erstaunlicher Weise hatte ich auch dort keine Wartezeiten und wurde vom Chirug zehn Minuten später begrüßt. Ich erhielt das Aufklärungsgespräch, was ein Port-a-Cath ist und welche Risiken dieser und die Operation birgt. Natürlich wird dieses Gespräch mittels einem Standardformular dokumentiert, welches ich unterschreiben musste und anschließend in den zweiten Stock bringen solle.

Nervös genug habe ich auf einen Dämmerschlaf bestanden (also keine Vollnarkose, sondern nur eine leichte Betäubung). Da dies möglich ist, hab ich ein weiteres Formular erhalten, welches über die Risiken der Anästhesierung aufklärt. Dieses Formular solle ich noch - bevor ich in zweiten Stock gehe und das erste Formular abgebe - in den ersten Stock bringen und mit der Anästhesisten sprechen.

Im ersten Stock endlich die richtige Ansprechstelle gefunden, wurde mir mitgeteilt, dass ich nicht einfach mit der Ärztin sprechen könne, da müsse ich mich schon im Erdgeschoss erst bei der Frau XY, welche zwei Zimmer nach der Rezeption sitzt, anmelden. Verwirrt, nein schon leicht verärgert, habe ich Frau XY aufgesucht, welche mich verdutzt angeschaut hat und meinte: "Wir haben Sie eigentlich schon gestern erwartet, Sie müssen ja stationär aufgenommen werden!" Wie bitte?!?!? Wer was wann hätte mir denn das gesagt?

Zurück zum Start: Ich musste mich somit wieder bei Rezeption anstellen und mich im Spital stationär aufnehmen lassen. Nochmals Name, Adresse, E-Card, Telefonnummer - könnte sich ja seit einer Stunde geändert haben.

Von dort aus wurde ich direkt in den zweiten Stock geschickt und zur Anästhesie solle ich später gehen. Im zweiten Stock wurde ich sehr freundlich von den Schwestern empfangen, die mir sofort ein Namensbändchen (VIP-Banderl ;-)) um den Arm verpassten, damit ich auch nicht verwechselt werden kann. Mir wurde mein Zimmer gezeigt, wobei ich Ihnen klar machte, dass ich sicherlich nicht über Nacht bleibe, sondern gleich wieder heim will. Das Bett bekam auch meinen Namen, schließlich muss ich ja in den OP geschoben werden, obwohl ich fit genug gewesen wäre dorthin zu gehen.



Danach ist die Ärztin gekommen, um das Aufnahmegespräch zu führen (gleichen Fragen wurden gestellt, wie der Chirug um 8.30) und mir wurde sofort ein Venflon gelegt, obwohl ich erst sechs Stunden später operiert werden solle.

Nach dem gesamten Prozedere sind Mama und ich aus dem Spital geflohen, reicht doch, wenn wir erst eine Stunde später wieder vor Ort sind, schließlich daeuert es bis zur OP noch 5,5 Stunden und den ganzen Tag mag ich auch nicht im Bett liegen.

Zurückkommend hieß es, dass sowieso schon Visite sei und ich doch bitte die Spitalskleidung anziehen solle. Man lässt ja auch wirklich alles über sich ergehen, ich habe mich nur gewundert, dass dies ein Spitalsnachthemd zum Überziehen ist und nicht dieses typische OP Gewand.

In der Zwischenzeit wurde ich dann an diese Kochsalzlösung gehängt um nicht zu verdursten, da ich nichts trinken durfte. Die Ärztin kam herein, meinte ich muss doch noch bitte in den ersten Stock, um mit der Anästhesistin zu sprechen. Mir wurde die Kochsalzlösung gerade abgehängt, wollte aufstehen, als ein anderer bei der Tür hereinkam und meinte, er habe soeben mit der Anästhesistin telefoniert, das Gespräch wird direkt im OP geführt. Daraufhin wurde ich wieder von einer anderen Schwester an den Tropf angehängt. Diese hat mich aber genauer angeschaut und meinte leicht vorwurfsvoll, warum ich denn noch nicht das OP-Gewand an hätte. Sie sah sich im Zimmer um und erkannte: "Oh, anscheinend haben Sie dieses noch nicht erhalten." (Randanmerkung: An- und Ausziehen mit einem Venflon in der Armbeuge ist sehr unbequem.)

Keine fünf Minuten später kam der Oberarzt herein und fragte mich ob ich jetzt schon bei der Anästhesistin war? Also so verdutzt, verwirrt, durcheinander, wie ich aus der Wäsche geschaut habe, nicht wissend, ob das jetzt ein Scherz oder Ernst gemeint war, war ich nicht mal mehr in der Lage "Nein" zu sagen. Jetzt hat sich aber meine Mama mit ungewöhnlich ernsten Tonfall eingemischt, dass uns gesagt wurde, das Gespräch wird im OP geführt.
Der Arzt meinte, dass kann nicht der Fall der sein, denn im OP werde niemals solch ein Gespräch geführt. Plötzlich standen Schwestern, die erste Ärztin, und sonstige Personen in meinem Zimmer - also ein ganzes Konsortium und jeder meinte etwas anderes. Wieder vom Tropf abhängen? Nein, diesmal hat der Oberarzt die Anästhesistin persönlich angerufen und es wurde vereinbart, sie wird aufs Zimmer kommen und mit mir im Zimmer das Gespräch führen.

Na bitte, ungefähr vier Stunden nachdem ich den Zettel ursprünglich im ersten Stock hätte abgeben sollen, habe ich das Standardgespräch mit der Anästhesistin geführt, wurde natürlich darüber aufgeklärt, dass es bei Komplikationen zu einer Vollnarkose kommen kann, welche zu Verletzungen im Rachen, bei den Zähnen und was weiß was alles führen kann.

Die Operation an sich hat wirklich nicht länger nicht länger als 45 Minuten gedauert, nur mit dem gesamten Prozedere (von Abtransport mit dem Spitalsbett wieder retour aufs Zimmer) sind dann doch ganze zwei Stunden vergangen. Und das Spital durfte ich wirklich um 19.00 verlassen und zu Hause übernachten.

Ich möchte mit diesem sarkastischen Unterton die österreichische Bürokratie zum Ausdruck bringen. Diese leergelaufenen Kilometer sind nämlich genau das, was wirklich Energie raubt und nicht alleine die Operation. Aber genau diese Geduld werde ich in den nächsten Monaten aufbringen und lernen um die Wartezeiten so energieschonend wie möglich überstehen. Und alles im allem sei gesagt, dass doch alle Ärzte und Schwestern wirklich sehr sehr sehr freundlich und ein herzliches Gefühl ausgestrahlt haben, was natürlich den Nerv über die Bürokratie wieder ein wenig mildert.